Beschluss:
Auf Verlangen der Fraktion Liberale & Piraten wird nach § 29 (2) Satz 2 HKO ein Akteneinsichtsausschuss gebildet um
- die Anwendung des Notfallplans des Landkreises in der gegenwärtigen COVID 19 Pandemie durch die Verwaltung des Kreises in der Zusammenarbeit mit den in § 1 (2) IfSG aufgeführten nicht-kommunalen Beteiligten und Trägern
zu überprüfen hinsichtlich:
- Wie gut waren Organe des Kreises und sonstiger im Kreis tätiger Beteiligter und Träger nach Kenntnis des Kreises auf eine Pandemie (Stichtag (Stichtag 31.Dezember 20191) vorbereitet,
- wie zweckmässig wurden die Aufgaben des Gesundheitsschutzes in der Corona Pandemie erfüllt seit der Feststellung
- einer Public Health Emergency of International Concern (PHEIC) durch die Weltgesundheitsorganisation am 30. Januar 2020,
- von COVID-19 als Pandemie durch die Weltgesundheitsorganisation am 11. März 2020,
- einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag am 25. März 2020,
- welche Schlussfolgerungen haben Organe des Kreises bereits aus diesen Erfahrungen gezogen,
- wo gibt es weiteren Verbesserungsbedarf?
und nach Abschluss seiner Tätigkeit dem Kreistag über deren Ergebnisse zu berichten.
Als Schwerpunkte des Einsichtsauftrags werden insbesondere, aber nicht abschliessend bestimmt:
- Welche Übersicht über erforderliche Geräte und Ausstattung aller Leistungserbringer hatte die Kreisverwaltung zum Stichtag 31. Dezember 2019 und welche Anstrengungen hat sie nach dem 30. Januar und dem 25. März 2020 unternommen, den Überblick zu behalten und zu verbessern?
- Wie zeitnahe in dieser Zeitspanne war die Kreisverwaltung über die aktuelle Auslastung des Gesundheitssystems im Kreis unterrichtet?
- Wie funktionierte die Kooperation mit den Trägern der stationären und der ambulanten Versorgung?
- Wie schnell wurden Stellen des Kreises über Verdachtsfälle, über virologisch (ICD Code U07.1!) oder klinisch nach RKI Kriterien (ICD Code U07.2!) nachgewiesene Infektions-, Krankheits- Todesfälle unterrichtet?
- Welche Klumpungen (sogenannte Cluster) von Verdachts-, Infektions- und Krankheitsfällen im Kreis wurden beobachtet?
- Wie schnell wurden diese Informationen an welche Stellen weitergegeben?
- Welche Rolle spielten Pandemiepläne des Bundes und der Länder beim tatsächlichen Vollzug des Notfallplans des Kreises?
- Welche Unterstützung und Führung erhielt die Kreisverwaltung von Stellen des Landes und des Bundes?
- Wurden die personellen Kapazitäten der Kreisverwaltung zur Testung und gegebenenfalls Nachverfolgung von Verdachtsfällen erhöht?
- Wie und für welche Aufgaben wurden die IT-Kapazitäten der Kreisverwaltung oder von anderen Beteiligten im Kreis nach § 1 (2) IfSG erweitert?
- Welche Abstimmung oder Zusammenarbeit gab es mit Nachbarkreisen oder den Kreisen des Landes (Hessischer Landkreistag)?
- Hat die Kreisverwaltung direkt Amtshilfe des Robert-Koch-Institutes nach § 4 (1) IfSG erhalten oder angefordert?
- In welcher Weise wurden die erweiterten Befugnisse des Bundesministeriums für Gesundheit nach § 5 Absätze 4 und 7 IfSG im Kreis tatsächlich angewandt?
Begründung:
- Die schwerwiegenden Folgen der durch das neuartige SARS-CoV-2 verursachten COVID 19 Pandemie auf alle Bereiche des Lebens sind allgemein bekannt.
- Nach allgemeiner Auffassung waren auch reiche Staaten auf die Pandemie trotz des ähnlichen Erscheinungsbildes der SARS-CoV-1 Epidemie in 2002 schlecht vorbereitet.
Auch in Deutschland, dass bisher besser als andere europäische Länder durch die Krise kam, gab es grosse, in den Medien und den Parlamenten vielfach erörterte Versorgungslücken bei Schutzausstattung aller Art, die wegen grosser logistischer Probleme bis zur Zeit dieser Antragstellung teilweise immer noch existieren.
- Der Vollzug von Infektionsschutz ist immer dezentral, allerdings ist der Entscheidungsspielraum kommunaler Gebietskörperschaften in Deutschland besonders gross.
Um so wichtiger ist, dass die Kommunalen Entscheidungsträger über Mängel wie Erfolge bei der bisherigen Bewältigung der Krise aus erster Hand unterrichten, um die laufende Krise zu einem möglichst guten Ende zu bringen, und zukünftigen Epidemien oder gar Pandemien besser gewappnet zu sein.
- Organe des Kreises haben sich durchaus aufgeschlossen für diese Aufgabe gezeigt.
Im Kreistag war die Vorbereitung des Kreises und anderer Einrichtungen des Gesundheitsschutzes auf Situationen wie die jetzige mehrfach Thema von Anfragen und Anträgen.
So beschloss am 15.11.2018 der Kreistag, den Kreisausschuss zu beauftragen, den Kreistag über die Inhalte des Hessischen Pandemieplans nach dessen Erstellung im zuständigen Ausschuss des Kreistages zeitnah zu unterrichten und dem zuständigen Ausschuss des Kreistages über die Erstellung eines integrierten kommunalen Infektionsalarmplanes zu berichten.
- Die antragstellende Fraktion teilt die positive Einschätzung des Kreisausschusses in seinem Bericht im Plenum am 26.06.2020 zur über die bisherige Bewältigung der COVID 19 Pandemie durch die Kreisverwaltung. Umso wichtiger ist die Sichtung der Ursachen der Erfolge ebenso wie die der unvermeidlichen Fehlgriffe und Versäumnisse im Detail, um die Bevölkerung des Kreises in der unverändert hohen Gefährdungslage auch in Zukunft bestmöglich zu versorgen.
Frank Lerche Ulrich Mueller
1 Am 31. Dezember 2019 meldete die lokale Gesundheitsbehörde in Wuhan dem chinesischen Office der Weltgesundheitsorganisation 11 schwer und 33 vital stabil erkrankte Fälle – keiner verstorben – einer neuartigen Lungenerkrankung mit einem unbekannten Erreger